Sonntag, 3. Januar 2016

2016 gelesen




"Eines Tages registrierten Astronomen einen rätselhaften Himmelskörper, der die Erde auf seiner langgestreckten Ellipse umkreist. Eine Expedition wird gestartet, und als die Astronauten auf dem Objekt landen, stellen sie fest, dass es künstlich ausgehöhlt und in sieben riesige Kammern unterteilt ist. Und sie stoßen auf ein faszinierendes Phänomen: Die siebte Kammer erstreckt sich über die Begrenzung des Himmelskörpers hinaus." (Klappentext)

Greg Bear: Äon

(c) 1985 - 2013 dieser Ausgabe


"Verdammt noch mal, Deac!", knurrte ein anderer Soldat. "Ich hab dir doch gesagt, du sollst diese Science-Fiction-Scheiße eindosen! Dieses dumme Gequatsche kann ich nicht mehr hören! Du redest, als wären wir Darsteller in irgendeinem Scheißfilm!"
"Stell dich nicht so an Sarge", gab Deacon mit wehleidiger Stimme zurück. "Denk doch mal nach: Wir befinden uns auf einem anderen Planeten und kämpfen in Panzeranzügen gegen Rieseninsekten. Herrgott, Sarge, das erfüllt doch jedes Science-Fiction-Klischee!" (S. 654)

Evan Currie: In die Dunkelheit

(c) 2013 Heyne, München

"Ich ging umher, mei- |193 ne Wahrheit beunruhigte mich. Da sie mich hier unter so vielen ergriffen hatte, brachte sie den Wunsch mit, ausgesprochen, verteidigt, bewiesen zu sein. Die groteske Vorstellung entstand in mir, wie ich im nächsten Augenblick in die Hände klatschen würde, aus Haß gegen das von allen zerredete Mißverständnis."
(S. 192, 35 - 193,1-6)

Rainer Maria Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

"Der Text (zum Beispiel der sogenannte "literarische" Text, insbesondere diese Erzählung Kafkas), vor dem wir, die Leser, wie vor einem Gesetz erscheinen, dieser Text, den seine Wächter (Autor, Herausgeber, Kriti- |80 ker, Universitätsangehörige, Archivare, Bibliothekare, Juristen et cetera) bewachen, kann nur gesetzgebend sein, wenn ein noch mächtigeres Rechtssystem ("ein noch mächtigerer Wächter") ihn garantiert, und vor allem das Ensemble der Gesetze oder gesellschaftlichen Konventionen, das all diese Rechtmäßigkeiten autorisiert." (S. 79-80)

Jaques Derrida: Préjugés. Vor dem Gesetz
(c) 1992

"Dies sind die Gründe, hochverehrte Väter, die mich zur Beschäftigung mit der Philosophie nicht nur angeregt, sondern getrieben haben. Ich hätte sie sicherlich nicht vorgetragen, hätte ich nicht denen antworten wollen, die die Beschäftigung mit der Philosophie zumal bei Männern zu verwerfen pflegen, die an führender Stelle stehen, oder ganz allgemein bei solchen, die in nicht ganz bescheidenen Umständen leben. Denn schon wird dieser ganze Umgang mit der Philosophie (und darin liegt das Unglück unserer Zeit) eher verachtet und geschmäht, als daß er Ehre bringt und Ruhm. So hat diese verderbliche und abartige Überzeugung die Köpfe fast aller Menschen ergriffen, philosophieren dürfe man entweder gar nicht oder nur wenig."
(S. 39)

Giovanni Pico della Mirandola: Über die Würde des Menschen
(c) 1487


"Hätte die Menschheit einen Körper, hätte dieser eine Öffnung im Allerwertesten. Dies wäre dann unser Arschloch. Das Leben ist manchmal Scheiße, und er transportiert sie. Aber geht nicht gerade der Arschloch-Kapitalismus davon aus, dass man auch aus Scheiße Gold machen kann? Dann ist gut böse, und bös' ist gut, wie die Hexen in Shakespeares Macbeth murmeln. Die Hexen des sozialen Lebens können unser Schicksal nicht vorhersagen. Denn im sozialen Leben wird nur dann aus Scheiße Gold, wenn die Kooperationswilligen der Menschheit sich zusammentun." (S. 256, letzter Absatz)

Aaron James: Arschlöcher. Eine Theorie

Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Liebl
(c) 2014 d.d.A. Riemann Verlag, München


"Und wir wissen nicht alles von seinem Leben. Niemand weiß alles von anderen Leben. Wir sind nur bei unserem eigenen Leben immer dabei, und selbst das heißt nicht, dass wir alles von unserem Leben wissen, weil Dinge, die uns betreffen, passieren können, ohne dass wir dabei sind. Oft passieren schwerwiegende Dinge, die uns betreffen, ohne unser Wissen. Vielleicht sollten wir uns auf den Satz verständigen, dass niemand alles von irgendeinem Leben weiß, nicht einmal vom eigenen. Wir sollten deshalb vorsichtig sein mit Sätzen, die ganze Leben betreffen. Ich bin es." (S. 11)

Dirk Kurbjuweit: Angst

(c) 2013 Rowohlt




"Warum, sag ich dann, warum ist die moralische Welt ihrer Bestimmung nicht ebenso getreu, als die physikalische? Die Frucht der Eiche brachte niemals was anders als einen Eichbaum hervor; der Weinstock allezeit Trauben; warum ein großer Mann klein denkende Söhne? - warum der nützliche Gelehrte und Künstler unwissende elende Nachkömmlinge? - tugendhafte Eltern Bösewichter?" (S. 230)

Sophie von La Roche: Geschichte des Fräuleins von Sternheim

(1771)


"Die dritte Auflage der Neuen deutschen Literaturgeschichte folgt dem bewährten Konzept der vergangenen Auflagen. Sie stell die Entwicklung der deutschen Literatur vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart dar. Für die Neuauflage wurde der Text bis in die Gegenwart herangeführt, die Bibliographie wurde aktualisiert und der gesamte Text durchgehend überarbeitet, um Anschluss an neuere Forschungsentwicklungen und Fragestellungen zu gewinnen." (Klappentext)

Peter J. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte

(c) De Gruyter 2011
3. Auflage


"Es ist gar nicht so klar, wieso er überhaupt Verse hervorbringt: ob er wohl seines Vaters Asche bepißt oder freventlich ein schaudererregendes Blitzmal weggeräumt hat?" (S. 35)

Horaz: Ars Poetica

(um 14 v. Chr.)


"Computer der ersten und zweiten Generation wurden an vielen Orten gebaut und man kann ihre guterhaltenen Fossilien noch heute bestaunen. Doch was genau war es, das die Kettenreaktion zwischen Adressenmatrix und Befehlscodes in Gang setzte - und damit die Initialzündung für das digitale Universum, in dem wir uns bewegen? C(A) - mehr brauchte es nicht." (Seite 500)

George Dyson: Turings Kathedrale. Die Ursprünge des digitalen Zeitalters

(c) d.dsp.A. Ullstein, Berlin 2014


"Oberlin sprach ihm von Gott. Lenz wand sich ruhig los und sah ihn mit einem Ausdruck unendlichen Leidens an, und sagte endlich: aber ich, wär' ich allmächtig, sehen Sie, wenn ich so wäre, und ich könnte das Leiden nicht ertragen, ich würde retten, retten, ich will ja nichts als Ruhe, Ruhe, nur ein wenig Ruhe und schlafen können. Oberlin sagte, dies sey eine Profanation." (S. 32, 17-23)

Georg Büchner: Lenz

Suhrkamp BasisBibliothek (2014)

"Kein verdorbener Sinn verstand jemals ein Wort in der rechten Bedeutung, und so einem solchen die anständigen Worte nichts nutzen, so können auch diejenigen, die nicht ganz anständig sind, den wohlgearteten Sinn nicht mehr beflecken, als der Schmutz die Sonnenstrahlen oder die irdische Unreinigkeit die Schönheit des Himmels." (S. 893, Apologetik des Verfassers)

Giovanni Boccaccio: Das Dekameron

(1348/53, Druckfassung 1470
Übertragung: Karl Witte, 1859,
neu durchgesehen
Sascha Michel, Lea K. Ostmann, 2008)




"Was für ein unmögliches Wesen man doch hat! Die Dummheit, man selbst zu sein! Die unvermeidliche Komödie, überhaupt irgend jemand zu sein! Jeder neue Exzeß schwächte mich weiter - aber was soll ein unersättlicher Mann sonst tun?" (S. 80)
Philipp Roth: Das sterbende Tier
(2003)



MAJOR: So recht; so lieb ich's; hübsch fleißig - und wenn die Kanaille nicht behalten will, Herr Läuffer, so schlagen Sie ihm das Buch an den Kopf, daß er's Aufstehen vergißt, oder wollt ich sagen, so düfen Sie mir's nur klagen. Ich will dir den Kopf zurecht setzen, Heiduck du! Seht da zieht er das Maul schon wieder. Bist empfindlich, wenn dir dein Vater was sagt?" (Erster Akt, vierte Szene: LÄUFFER. LEOPOLD. Der MAJOR.)

Jakob Michael Reinhold Lenz: Der Hofmeister

1774


"Denn Diederich war so beschaffen, daß die Zugehörigkeit zu einem unpersönlichen Ganzen, zu diesem unerbittlichen, menschenverachtenden, maschinellen Organismus, der das Gymnasium war, ihn beglückte, daß die Macht, die kalte Macht, an der er selbst, wenn auch nur leidend, teilhatte, sein Stolz war. Am Geburtstag des Ordinarius bekränzte man Katheder und Tafel. Diederich umwand sogar den Rohrstock." (S. 10)

Heinrich Mann: Der Untertan
(c)1914


"Alle Genüsse sind schließlich Einbildung und wer die beste Phantasie hat, hat den größten Genuss. Nur das Unwirkliche macht den Wert und ist eigentlich das einzig Reale." (S. 51, 10-13)

Theodor Fontane: Irrungen, Wirrungen

1891



"Die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Das ist das Ideal von Freaky Green Eyes, im richtigen Leben würde das nie funktionieren. Aber in diesem Tagebuch, das ich das Lavendelbuch nenne, ist es mein Ideal." (Seite 219)

Joyce Carol Oates: Mit offenen Augen

(c) 2005 C. Hanser Verlag, München


"Was genau stimmte denn nicht? Vielleicht der Teil über Pit? [...] Pit war zu wichtig, er repräsentierte die Vaterfigur, die in meinem Leben gefehlt hatte. Der ganze Roman war nichts anderes als die Geschichte meines Lebens ... Mein Leben: Das war es, was nicht stimmte! Ich war niemals wirklich Herr über mein Leben gewesen." (S. 510)

Geatano Cappelli: Ferne Verwandte

(c) 2010 C. Bertelsmann, München


"Was war er doch für ein erbärmlicher Wicht - selbst in seinen besten Augenblicken hatte er noch Hintergedanken." (S. 308)

Anthony McCarten: Hand aufs Herz

(c) 2009 Diogenes

"Schemaorientiertes Erzählen ist charakteristisch für mündliches (fiktionales wie nichtfiktionales) Erzählen und für Literatur aus dem Kontaktbereich von Mündlichkeit und Schriftlichkeit, aber auch für die Trivial- und Unterhaltungsliteratur seit dem späten 18. Jahrhundert. Solche Schemaliteratur folgt nicht der ästhetischen Norm der Innovation, sondern derjenigen der schemabezogenen Variation. Anstelle von Originalität demonstriert sie Kompetenz im Sinne der normgerechten Verwendung gattungsspezifischer Regeln." (S. 128)

Matías Martínez, Michael Scheffel:
 Einführung in die Erzähltheorie



"Von manchen Zeitgenossen wurde ihm das Attribut eines modernen Marco d'Aviano verliehen [...], andere [...] sahen in ihm das österreichische Pendant zu Rasputin am russischen Zarenhof. So undurchsichtig und hintergründig das politische Wirken dieses Freundes des letzten österreichischen Kaiserpaares den Zeitgenossen auch erschien, umso deutlicher und greifbarer stand ihnen der unleugbare Erfolg [...] vor Augen. Seine abenteuerlichen Forschungsreisen in Innerarabien machten den Katecheten zum international anerkannten Wissenschaftler [...]. (Vorwort)

Karl Johannes Bauer:
Alois Musil. Wahrheitssucher in der Wüste
(c) 1989


"Die "griechische Antike" umfasst mehr als nur 'Geschichte', verstanden als Abfolge von politisch-militärischen Ereignissen, und sie bezieht auch Phänomene ein, über welche die Schriftquellen nicht hinreichend Auskunft geben, so dass die Informationen zu Gegebenheiten der sozialen, ökonomischen und religiösen Lebenswelt jener Vergangenheit vornehmlich aus nichtschriftlichen Zeugnissen gewonnen werden." (S. 4)

Linda-Marie Günther: Griechische Antike
(c) 2011



"Aus semiotischer Perspektive lässt sich die Textanalyse auch in folgender Weise beschreiben: Texte sind komplexe Zeichen. Was Sie als Text vor sich haben, ist zwar eine lineare Abfolge von Ansammlungen von Druckerschwärze auf Papier oder von dunklen und hellen Punkten auf Ihrem Bildschirm, aber es ist nicht nur das. Sie müssen diese Muster als Buchstaben - das heißt als Zeichenträger - auffassen und eine Ordnung erkennen, damit Sie herausfinden können, was damit mitgeteilt werden soll." S. 105

Georg Brun, Gertrude Hirsch Hagedorn: Textanalyse in den Wissenschaften

2009


"Nun traf Aureliano sich jeden Nachmittag mit den vier Wortstreitern namens Alvaro, Germán, Alfonso und Gabriel, die ersten und letzten Freunde, die er im Leben hatte. Für einen in der schriftlich niedergelegten Wirklichkeit verschanzten Menschen wie ihn waren diese quälenden Sitzungen, die in der Buchhandlung um sechs Uhr abends begannen und gegen Morgen in den Bordells endeten, eine Offenbarung. Er hätte nie gedacht, daß die Literatur das beste Spielzeug sei, das je erfunden worden war, damit man sich über die Leute lustig machen konnte, wie es Alvaro in einer Bummelnacht bewies." S. 605

Gabriel García Márquez; Hundert Jahre Einsamkeit

1967



"Wenn er wütend war, und das war jetzt häufiger der Fall, trat auf seiner Stirn ein pulsierendes Äderchen hervor; es verriet eine Anspannung, die sich aus einer schwer zügelbaren Aggression speiste, die ihn selbst mit der Zeit ebenso erschreckte, wie Mira darüber erschrak, wann immer sie unwillentlich Zeuge eines seiner Ausbrüche wurde." S. 145

Sudhir Kakar: Die Frau, die Gandhi liebte

Aus dem Englischen von Karl-Heinz Siber
(c) 2005 Verlag C.H. Beck oHG, München
Umschlagfoto (c) Dinodia Photo Library, Bombay



"Als persönliche Bemerkung sei hinzugefügt, dass die Geschichte des einzigen Überlebenden, Mr Piscine Molitor Patel, indischer Staatsbürger; von einem erstaunlichen Maß an Mut und Ausdauer im Angesicht außerodentlich schwieriger und tragischer Umstände zeugt. Nach Kenntnis des Ermittlers gibt es keinen zweiten solchen Fall in den Annalen der Seefahrt. Nur wenige Schiffbrüchige können von sich behaupten, dass sie so lange auf See überlebt haben wie Mr Patel, und keiner davon in Gesellschaft eines erwachsenen bengalischen Tigers." (letzter Absatz, letzte Seite)

Yann Martel: Schiffbruch mit Tiger
2001


"Indem sie alle so weiterlebten, übten sie keinen Verzicht, trieben kein Doppelspiel und machten sich auch keiner Heimlichkeiten schuldig; sie setzten nur ihr bisheriges Leben in der einzig möglichen Weise fort, weil es ein neues Leben ohne das alte nicht geben konnte, für keinen von ihnen. Das wussten sie. Und weil daran nichts zu ändern war, erübrigten sich alle Streitigkeiten und Debatten um richtig oder falsch." (S. 311)

Alex Capus: Léon und Louise
2011


"Die Berührung durch uns Menschen hinterläßt einen Makel, ein Zeichen, einen Abdruck. Unreinheit, Grausamkeit, Mißbrauch, Irrtum, Ausscheidung, Samen - der Makel ist untrennbar mit dem Dasein verbunden. Er hat nichts mit Ungehorsam zu tun. Er hat nichts mit Gnade oder Rettung oder Erlösung zu tun. Er ist in jedem." (S. 272)

Philip Roth: Der menschliche Makel
2000


"Oft ertappe ich mich auf Gedanken, welche aufgeschrieben kindisch, albern, trivial erscheinen würden, die aber mir, dem alten Mann, in ihrem flüchtigen Vorübergleiten so süß, so heimlich, so beseligend sind, daß ich um keinen Preis mich ihnen entreißen könnte." S. 13

Wilhelm Raabe: Die Chronik der Sperlingsgasse

1856


"Ich [sc. Tristram] kann von einem einzigen Monat nachweisen, daß ich einunddreißig Hemden durch sauberes Schreiben beschmutzte, und daß ich trotzdem für das, was ich in diesem einen Monat geschrieben, mehr geschmäht, verwünscht, kritisiert und verdammt wurde, und daß mehr mystische Köpfe deshalb geschüttelt wurden, als in anderen Monaten dieses Jahres zusammen." [Auf die Frage, ob er sauber und lesbar schreibe] (S. 644)

Laurence Sterne: Tristram Shandy
(1758)


"Das ist Gisela.

Gisela ist 70 Jahre alt. Sie ist verwitwet und lebt allein in der 97 Quadratmeter großen Eigentumswohnung, die sie seit mehr als 30 Jahren bewohnt. Ihr Sohn ist geschieden und lebt als Singel in einem anderen Stadtteil, ihre Tochter wohnt mit Mann, zwei Kindern und Hund im Umland.

Gisela unternimmt gerne Städtereisen, ist politisch interessiert und geht regelmäßig wählen. Als ehemalige Lehrerin ist sie ehrenamtlich zweimal pro Woche in der Hausaufgabenhilfe aktiv." (Klappentext)

Datenreport 2016
Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland

bpb


"Der entwickelte Organismus ist eine Einheit und er funktioniert als eine Einheit. Die Frage wird nun schwieriger, wenn diese Idee der Einheit auf die Funktion des Geistes angewendet wird, denn der Geist ist keine Totalität an sich. Aber solche Ideen einer intentionalen Einheit waren, wie Sie wissen, die Grundlage der gesamten sogenannten phänomenologischen Forschung." (S. 19)

Jacques Lacan: Struktur.Andersheit.Subjektkonstitution

Herausgegeben, übersetzt und mit einem Kommentar von Dominik Finkelde (SJ; den Hinweis kann ich mir hier nicht verkneifen).


"Tägliche Lebensgemeinschaft aber ist nur möglich unter Menschen, die einander angenehm sind und an denselben Dingen Freude haben, und das findet sich in der Freundschaft derer, die zusammen aufgewachsen sind."

Aristoteles: Philosophische Schriften Band 3 - Nikomachische Ethik



"In das Gemüt des armen Mädchens zog allmählich wieder Ruhe ein. Ein Übermaß des Schmerzes ist etwas ebenso Gewaltsames wie ein Übermaß der Freude; es dauert nicht lange. Das menschliche Herz kann nur kurz in einem Zustand höchster Erregung verharren. Die Zigeunerin hatte so furchtbar gelitten, daß ihr von allen ihren Leiden nur Staunen und Verwunderung zurückgeblieben waren."
(S. 486)

Victor Hugo: Der Glöckner von Notre-Dame



"Zusammenfassend können wir sagen, dass eine "Konstantinische Wende" eher nicht anzunehmen ist. Die grundlegenden Veränderungen, die die Spätantike von der frühen Kaiserzeit unterscheiden, sind bereits von den Tetrarchen eingeführt worden. [...] Auch in der christlichen Kirchen hat Konstantin durch seine Regelungen eher Trends unterstützt, die sich bereits abzeichneten, als wirkliche Neuerungen bewirkt." (S. 131)

Karen Piepenbrink: Konstantin der Große und seine Zeit


"Seit Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr. wurde von der aufklärerischen Kritik der Vorwurf erhoben, die olympischen Götter seien nichts anderes als gespiegelte Menschen, 'anthropomorphe' Bilder unseres Selbst, 'Projektionen', denen alle menschlichen Laster angehängt wurden, eingeführt womöglich von listigen Köpfen zur Legitimierung eigener Machtansprüche oder zur Sicherung menschlichen Wohlverhaltens." (S.17-18)

Reiner Abendstein: Griechische Mythologie




"Der Dreißigjährige Krieg mit seinem immensen Finanzbedarf bewirkte eine Reform und Effizienzsteigerung des Steuersystems. Hier, so die traditionelle Annahme, waren es vor allem die absolutistischen Fürstenstaaten, allen voran Frankreich, die ihre fiskalische Leistungsfähigkeit steigern konnten." (S. 84)

Dagmar Freist: Absolutismus




"Unter den Häusern, tief in dne Straßen,
Schreitet die soziale Maschine voran
Auf unbekannte Ziele zu;
Wir haben keine Chance mehr."
(In der Metro, Seite 88)

Michel Houellebecq:
Der Sinn des Kampfes
Gedichte


"Mehr als die offensichtliche Verwahrlosung ließ etwas Unsichtbares das Haus meiner Kindheit und Jugend verkommen. Vielleicht geschieht das zwangsläufig mit Orten, an denen zu viel verlorengegangen ist. Eine grüne Mütze, eine Mutter, ein Murmeltier, unzählige Geschichten in der Nacht, ein Mädchen mit Lackstiefeln. Und was sollten eine steinalte Haushälterin und ein tieftrauriger Alkoholiker dem schon entgegensetzen?" (Seite 178)

Astrid Rosenfeld: Elsa ungeheuer

2013



"Unsere Ärzte stellten nach der Obduktion des Leichnams eine Geisteskrankheit vollkommen und entschieden in Abrede."

(Letzter Satz, letzte Seite: 835)

Fjodor M. Dostojewskij: Die Dämonen
(1871/72)





"Meine Sätze erläutern dadurch, daß sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie - auf ihnen - über sie hinausgestiegen ist. (Er muß sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem es auf ihr hinaufgestiegen ist.) Er muß diese Sätze überwinden, dann sieht es die Welt richtig." (6.54)

Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus

Neben seiner [Ludwig XV.] übertriebenen Scheu waren die Frauen seine größte und einzige Schwäche. Er war der schönste Mann seines Jahrhunderts, stattlich und kraftvoll, und als sich die Königin, die überdies zu alt für ihn war, aus falsch verstandener Frömmigkeit aus seinem Bett zurückgezogen hatte, da hatte er bereits Geschmack an Mätressen und umtriebigen Freigeistern gefunden." (Seite 279)

Hans Pleschinski (Hrsg.): Nie war es herrlicher zu leben

Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croy
1718 - 1784


Glossar
Alenu- Gebet (zum Abschluss des Gottesdienstes)
Bulgar - jüdischer Tanz
Chuzpe - Dreistigkeit, Unverschämtheit
Emmes - Wahrheit
fardrejt - verdreht, irr, kompliziert
Gannef - Gauner, Ganove
Goi - Nichtjude
Jekke - deutschsprachiger Jude
Kaddisch - Totengebet
Nos - Nase, hier: Polizist, Gesetzesvertreter
(Seite 420)

Michael Chabon: Die Vereinigung jiddischer Polizisten

Aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Fischer
(c) 2008 Kiepenheuer & Witsch




"Felipillos Rede: "Sie wollen Gold. Sie winseln um Gold, sie schreien um Gold, sie zerfleischen einander um Gold. Frag sie um den Preis deiner Freiheit, und du wirst sie mit Gold kaufen können. Es gibt nichts in der Welt, was sie dir nicht für Gold geben würden, ihre Weiber, ihre Kinder, ihre Seele und sogar die Seelen ihrer Freunde." (Seite 21)

Jakob Wassermann: Das Gold von Caxamalca
1928

"Überall standen die Leute in Grüppchen zusammen und tratschten. Erst stand dieser Glatzkopf-Li vor Gericht; als Nächstes veranstaltete er den Schönheitswettbewerb der Jungfrauen; kurze Zeit später ließ er sich von einem russischen Großkünstler malen; schließlich enthüllte Lin Hong sein Porträt - das waren vier sensationelle Ereignisse innerhalb ganz kurzer Zeit, mit denen er seine Mitbürger überrascht und erfreut, Abwechslung in ihr Leben gebracht und dafür gesorgt hatte, dass sie jeden neuen Tag als frisch und belebend empfanden wie die aufgehende Sonne."
(Zitat Seite 686)

Yu Hua: Brüder

S.Fischer Verlag

"Als ich noch in Europa lebte / war alles (ach Jammer! daß ich solches von Christen zeugen soll) mit Krieg / Brandt / Mord / Raub / Plünderung / Frauen und Jungfrauen schänden etc. erfüllt; Alß aber die Güte GOTTes solche Plagen sambt der schröcklichen Pestilenz und dem grausamen Hunger hinweg nahm / und dem armen betrangten Volck zum besten den edlen Frieden wider sendete / da kamen allerhand Laster des Wollusts / als Fressen / Sauffen und Spielen; huren / buben und ehebrechen; welche den ganzten Schwarm der anderen Laster alle nach sich ziehen / biß es endlich so weit kommen / daß je einer durch Unterdruckung deß andern sich groß zumachen / offentlich practicirt, dabey dann kein List / Betrug und Politische Spitzfindigkeit gesparrt wird; "

 (Zitat Seite 628)

Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus
Anno 1668


"Verführung ist die wahre Gewalt. - Ich habe Blut, mein Vater, so jugendliches, so warmes Blut, als eine. Auch meine Sinne, sind Sinne. Ich stehe für nichts."

Gotthold Ephraim Lessing: Emilia Galotti



"Wir gingen ins Haus zurück und schlossen die Tür hinter uns. Er bat mich, die Heizung anzudrehen, und sagte, er würde sich ein bißchen ins Bett legen. Vielleicht, sagte ich, könnten wir, wenn er sich gut genug fühlte, am Abend wieder in die Stadt fahren und ins Kino gehen. Vielleicht, sagte er, vielleicht machen wir das. Er sagte, ich sollte ihn in ein bis zwei Stunden wecken, wenn er dann noch schlafe." - (Zitat, letzte Seite, letzter Absatz, Schluß.)

Colm Tóibín: Die Geschichte der Nacht

(c) Carl Hanser Verlag München Wien 1999


"Der "Trost der Philosophie" von ANICIUS MANLIUS SEVERINUS BOETHIUS (etwa 480 - 524 n.Chr.) gehört zu den berühmtesten Büchern der spätantiken Literatur und blieb bis heute ein Lehr- und Erbauungsbuch im höchsten Sinne des Wortes. Zum Tode Verurteilt und auf die Hinrichtung wartend, empfängt Boethius im Kerker Besuch der Philosophie. Im Gespräch mit ihr beschwört Boethius noch einmal die große Denktradition der antiken Philosophie als Trostspenderin des Menschen, ehe sie der christlichen Welterklärung weichen muß." (Klappentext)

Boethius: Trost der Philosophie



"Herangewachsen in der Luft eines kriegerisch siegreichen und verjüngten Vaterlandes, huldigte man Sitten von rauher Männlichkeit. Man redete in einem Jargon, der zugleich salopp und schneidig war und von technischen Ausdrücken wimmelte. Trink- und Rauchtüchtigkeit, Körperstärke und Turnertugend standen sehr hoch in der Schätzung, und die verächtlichsten Laster waren Weichlichkeit und Geckenhaftigkeit." (S. 719)

Thomas Mann: Buddenbrooks