Den 1933 geborenen
Michael Frayn, britischer Autor, habe
ich erst vor ein paar Wochen entdeckt und sein dieses Jahr erschienenen
Roman „Willkommen auf Skios“ gelesen.
Das ich ihn weiterlesen wollte war danach klar. Gegen Ende des Morgen hat er
1967 geschrieben und liegt er seit 2007
als Deutsche Erstausgabe vor. Frayn
nennt ihn seinen Fleet Street Roman.
John Dyson ist
Leiter der Abteilung für das Kreuzworträtsel und Vermischte Meldungen einer
großen englischen Tageszeitung, Ende der 1960er Jahre. Also kein Handy, keine
PC, kein www. Dyson träumt von
Fernsehruhm und dem Leben eines Gentleman und dann bekommt er tatsächlich seine
große Chance.
„Ich bin weiß Gott
ein Versager, eine unmaßgebliche menschliche Nichtigkeit, auf der jeder
dahergelaufene Passant gleichgültig herumtrampelt, dachte Dyson, als er seiner
Frau mit geballten Fäusten in den Hosentaschen und einem unnachgiebigen
Stirnrunzeln von der Küche ins Wohnzimmer folgte, aber es gibt etwas auf dieser
Welt, das ich mir nicht bieten lasse, und das ist das Gekrittel meiner Frau.
Davon lasse ich mich nicht kleinkriegen. Ich würde mich weiß Gott nicht
beschweren, dachte er, wenn sie mich in halbwegs vernünftiger Manier
bekrittelte. Ich bin es ja gewohnt, wie Dreck behandelt zu werden – stolz bin ich
nicht. Es ist dieses stillschweigende Kritteln, das ich nicht ertrage, dieses
schreckliche pseudosachliche Gekrittel, während sie so tut, als würde sie gar
nicht kritteln. Es ist dieses alberne Ratespiel, bei dem ich herausfinden muß,
wofür ich bekrittelt werde. Also wirklich, damit werde ich mir bestimmt nicht
den Samstagvormittag um die Ohren schlagen. Ich werde einfach wortlos das Haus
verlassen und ein paar Tage in meinem Club verbringen. Ja, wenn ich einen
hätte, würde ich das tun.“ (Zitat Seite 163)
Fast bekommt man
Mitleid, mit diesem Dyson wenn man so seine Mitarbeiter in der Redaktion
kennenlernt, ihre Arbeitsweisen und Eigenheiten, die Frayn in einer
unvergleichlich coolen trockenen, klugen und amüsanten Art und Weise darstellt, die
typisch für Frayns Schreibe ist und die ihm verdientermaßen den Ruf einbrachte,
„einer der klügsten britischen Schriftsteller“ zu sein. Und das Schöne daran
ist, man hat nie das Gefühl, belehrt zu werden. Figuren, Dialoge, Handlungen... einfach brillant, rasant,
meisterhaft und in diesem Roman mit einem überraschenden Ende!
Michael Frayn:
Gegen Ende des Morgens
Aus dem Englischen
von Miriam Mandelkow
© 1967 by Michael
Frayn, mit einem Nachwort © 2000 by Michael Frayn
© 2007 by
Dörlemann Verlag AG, Zürich
Umschlaggestaltung:
Mike Bierwolf
Foto © Mary Evans Picture Library