Donnerstag, 31. Mai 2012

Egeria: Reisebericht - Itinerarium


Wer EGERIA tatsächlich war, darüber spekulieren die Theologen noch. Sicher ist, sie war eine Frau, es gibt sieben mögliche Namen und ebenso viele Spekulationen über ihre Herkunft.. Mit gefällt am besten, sie für eine Verwandte Kaiser Theodosius zu halten. Wer hat schon soviel Kohle, drei Jahre lange eine Pilgerreise zu machen und sich dabei noch von Soldaten des Staates begleiten zu lassen, wo es gefährlich wird.

Ebenfalls streiten sich die geistlichen Gelehrten darüber, wann denn diese Dame ihre Pilgerreise unternommen hat. Es sprechen mehr Indizien für die Jahre 381-384. Andere halten es aufgrund ihres vulgären Lateinisch für wahrscheinlicher, das sie zehn Jahre oder später unterwegs war.


Fest steht, ihr ITINERARIUM ist wohl der erste schriftliche Beleg und Bericht einer Frau und Pilgerin. Das was damals die Bibel war, war ihr Reiseführer und sie klapperte alle entsprechenden Stellen, die in der Bibel erwähnt werden, ab und das begründete sie einzig und alleine mit: „Ich bin nämlich ziemlich neugierig!“ ......(Hut ab, Mädel!)

Man muß das ITINERARIUM nicht gelesen haben, ich habe auch nur die sehr teure Fachbuchausgabe zu Forschungszwecken der Fontes Christiani vorliegen, die es seit gut dreißig Jahren gibt. Im Hinterkopf sollte man aber haben, daß es sicher viel viel mehr „neugierige Damen und Frauen“ gab zu allen Zeiten, als wir zum Teil glauben.

Dienstag, 29. Mai 2012

Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes


Er war einer der Gurus, ein geistiger Führer seiner Zeit.

Mit großer Akribie verarbeitete der ehemalige Gymnasiallehrer in seinem umfangreichen autodidaktischen Werk „Der Untergang des Abendlandes“, 1918/1922 erschienen, sein erschöpfendes Wissen und seine unbestrittene Gelehrsamkeit zu einer umfassenden Theorie der Weltgeschichte. Sein zentrales Thema war das Schicksal oder vielmehr die Schicksalsidee.

Heute wäre sein Geburtstag: Oswald Spengler

„Frieden ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln...“


Oswald Spengler
eig. Oswald Arnold Gottfried Spengler

dt. Kultur- u. Geschichtsphilosoph,geboren am 29. Mai 1880 in Blankenburg / Harz, starb am 8. Mai 1938 in München


Spenglers Methode besteht darin, seine Leser mit einer Unmenge von Details und obskuren Fakten zu überfluten und sie dann, wenn sie fast schon einnicken, mit großartigen Schlußfolgerungen über deren Bedeutung zu überraschen.

Albert Einstein immerhin kannte Spenglers Werk und schrieb darüber an Born: „Man läßt sich gern manchmal am Abend von ihm etwas suggerieren und lächelt am Morgen darüber... Solche Dinge sind amüsant und, wenn morgen einer mit dem nötigen Geist das Gegenteil sagt, so ist es wieder amüsant, und was wahr ist, weiß der Teufel.“

Für Spengler war es eine ausgemachte Sache, daß für die Misstände seiner Zeit, die Wissenschaft verantwortlich war und das lies sich bis zu den alten Griechen zurückverfolgen. Goethe war sein Held, Newton der Erzschurke.

Montag, 28. Mai 2012

Grazia Deledda: La madre


La madre handelt von einem jungen Priester, Paulo, seit sieben Jahren im Amt, in einem kleinen sardinischen Dorf. Grazia Deledda war eine „erdgebundene“ Dichterin und ihre Heimatverbundenheit blieb auch, als sie in Rom lebte und durchzieht ihr gesamtes literarisches Werk.

Paulos unlösbarer Konflikt ergibt sich aus seiner Leidenschaft zu Agnes, seinem Amt als Priester und seiner Liebe zu seiner Mutter. Deledda beschreibt sechsunddreißig Stunden, von Freitagabend bis Sonntagmorgen, „das wie ein antikes Drama aufgebaute Geschehen“.

„Dieses Weinen war ein einziger Aufschrei aus Liebe, Hoffnung und Sehnsucht nach einem jenseitigen Gut gewesen. Jetzt, in der Stunde der Angst, spürte die Mutter ihn aus der Tiefe des Herzens wieder emporsteigen. Ihr Paulo! Ihr Paulo! Seine Liebe, seine Hoffnung und seine Sehnsucht nach dem jenseitigen Gut raubte ihm jetzt der böse Geist; und sie war hier, am Fuß der Treppe, wie auf dem Grund eines Brunnenschachts, ohne auch nur einen Versuch zu seiner Rettung machen.“

1920 erschien dieser Roman, daß der Klappentext ein zeitloses und eindringliches Dokument über den Zölibat nennt, der die „Gewissen verzerrt und ängstigt“, wie Uta Ranke-Heinemann in ihrem Nachwort schreibt. In diesem Nachwort lästert Uta Ranke-Heinemann noch mal so richtig stark gegen das Zölibat ab!

Der Stil und die Sprache, in der Grazia Deledda , die 1926 als zweite Frau, den Nobelpreis für Literatur erhielt, ist schlicht und einfach, kraftvoll und schnörkellos. Kein Wort zuviel, keines zu wenig, das Wesentliche eben!

„Auch er spürte in diesem Augenblick, mit einem Gefühl von Ekel und Trunkenheit zugleich, etwas schreckliches und Großes in sich wachsen: Er begriff zum erstenmal mit vollem Bewußtsein, daß er eine Frau mit fleischlichem Begehren liebte und daß ihm diese Liebe Freude bereitete.“

Das Paulo durchaus auch scheinheiliger Verführer war, und nicht nur ein Opfer des Teufels, schreit ihm Agnes, die Geliebte, ins Gesicht: „Alle Männer sind Lügner.“

Die Rolle der Mutter ist in diesem Drama eine ganz wesentliche und beschränkt sich nicht nur auf das reichen von Keksen und Tee. Sie hinterfragt alles und leidet wohl am meisten.

„Und sie erinnerte sich, daß auch damals, als Paulo gerade zum Pfarrer ernannt worden war, nachdem sie zwanzig Jahre lang als Magd gearbeitet, jedem Drang nach Leben widerstanden und auf Liebe und Brot verzichtet hatte, nur um ihren armen Jungen großzuziehen und ihm ein gutes Beispiel zu geben, ein solch wütender Wind sie im Dorf empfangen hatte.“

Der Showdown ereignete sich in der Sonntagsmesse. Mit einem unerwarteten Ende, so wie es sich gehört.



“La madre”
Grazia Deledda
1920 italienische Erstausgabe
1994 die deutschsprachige Ausgabe bei Arche Verlag AG, Zürich-Hamburg
Die Textzitate sind aus dieser Ausgabe







Michael Ondaatje: Die gesammelten Werke von Billy the Kid


Ein Buch, welches mich an meine Grenzen gebracht hat, ist Michael Ondaatjes Die gesammelten Werke von Billy the Kid!

„In einer Collage aus Erinnerungen, Mythen und Recherche erkundet Michael Ondaatje Leben und Sterben der legendärsten Gestalt, die der Wilde Westen hervorgebracht hat.“ Was das Buchcover schildert klingt noch recht harmlos. Der Klappentext wird dann etwas deutlicher:

„Echte Zeugenaussagen werden mit fingierten vermischt, Gedichte, Monologe, Auszüge aus Comic-Heften, zeitgenössische und nachgestellte Photos, abenteuerliche Geschichten von Wahnsinn und Gewalt fügen sich zu einer Collage....“

Um es gleich zu sagen: In meinen Augen ist dieses kleine Büchlein eine literarische Meisterleistung!

Ich denke, die lebenden Dichter, die in der Lage sind Wahnsinn und Gewalt eindringlich darzustellen, lassen sich an zwei Händen abzählen.

Wenn ich dabei für mich feststelle, das mich dieses Buch an meine Grenzen geführt hat, so meine ich damit, daß ich mich noch nie so sehr dem Wahnsinn und der Gewalt ausgesetzt fühlte. Ondaatjes macht es spürbar, nachvollziehbar, auch wenn ich bezweifle, daß Billy the Kid wirklich so war.

Vielleicht noch ein letzter Eindruck: Es ist in keiner Weise gewaltverherrlichend! Im Gegenteil.


Die gesammelten Werke von Billy the Kid
Michael Ondaatje
copywrith 1970 der Originalausgabe
copywrith 1997 Carl Hanser Verlag der deutschen Ausgabe


Sonntag, 13. Mai 2012

Colin Greenland: Sternendieb (füher Begegnungen auf dem Möbiusband)


„Sternendieb“ hieß früher „Begegnungen auf dem Möbiusband“.

Das ich vor gut zwanzig Jahren über die ersten dreißig Seiten der insgesamt sechshunderteins nicht hinausgekommen bin, hatte ich ja schon vor kurzem erwähnt. Mein zweiter Versuch letzte Woche verlief nun ganz anders und hat mich überzeugt.

Allerdings möchte ich auch vor den Risiken und Nebenwirkungen warnen, die ein möglicher Kauf mit sich bringen könnte.

Also das Möbiusband ist ein ziemlich zwielichtiges Vergnügungsviertel, entweder auf dem Mars, oder auf Plenty.

Plenty ist ein riesiges Habittat, von dem es in unserem Sonnensystem nach dem Großen Schritt und dem Kleinen Schritt, viele gibt, (oder hieß es Krieg?) igendwann mal, nachdem die Capellaner den Menschen den Antrieb brachten und unzählige andere intelligente Wesen mit uns zusammenleben.

Das ist eigentlich alles nicht wichtig für diese Geschichte und man braucht sich keine Gedanken zu machen, wenn man nicht auf anhieb alles behalten kann; einfach weiterlesen.


Der ganze Hintergrund, der Stück für Stück immer deutlicher wird, aber eben nicht so wichtig ist, so gesehen, entwickeln sich spannend und turbulent durch die ganz normalen „Begegnungen“ die Tabea durchleiden muß. Und Tabea ist eine taffe unkonventionelle Frau, Kapitän der Alice Liddell, einem kleinen Frachter mit einem EGO; also mehr die Schrottkiste, und das Cockpit ist genauso zugemüllt wie mein Auto.

Tabea triff bei ihren Bemühungen ums tägliche Brot auf Marco, Sarah, Mogul, (jetzt weiß ich gerade nicht mehr, wie der Papagei heißt, der singen kann und ein Alien ist). Künstler halt, ziemlich verrückte Typen trifft es nicht so ganz, durchgeknallt währe wohl angebrachter, aber doch Menschen. Die Aliens sitzen beim Zoll. Vorsicht. (Lieber an einen anderen Schalter anstellen).

So in der Art nimmt uns also Colin Greenland durch Tabea an die Hand und läßt uns Leser Mäuschen sein in einer zukünftigen Welt. Wobei, was Tabea an Abenteuern und Verwicklungen und Dramen zu überstehen hat, könnte überall und jederzeit handeln.... und ist gute Unterhaltung.

Da dieser Roman vor gut zwanzig Jahren geschrieben wurde und in der 1990er Jahren zum ersten mal erschienen ist, gibt es inzwischen ein paar „skurril“ anmutende Vorstellungen und Bilder, wie man sich so halt früher Intelligentes Außerirdisches Leben so vorstellte. Macht aber überhaupt nichts.

Die Neuausgabe gibt es jetzt unter dem Titel „Sternendieb“. Und wahrscheinlich kommen die restlichen zwei Bände der Plenty-Trilogie auch bald neu heraus. Habe ich schon vorgemerkt.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Colin Greenland: Begegnungen auf dem Möbiusband


1993 gekauft und nach den ersten dreißig Seiten weggelegt! Letzten Sonntag habe ich dann überlegt, lasse ich es irgendwo verschwinden, in der U-Bahn oder auf dem Verteilerkasten in meiner Straße auf dem Weg zum Bäcker liegen? Nichts von alle dem.... ich habe noch mal angefangen es zu lesen.

Der Heyne Verlag brachte 2010 eine Neuausgabe heraus! Und das mit recht!

Eine total abgedrehte, spannende Geschichte, die sich auf den ersten 300 Seiten (von 600) bis jetzt nur innerhalb unseres Sonnensystems abspielt, in dem sich auch sehr viele Keks rumtreiben, widerliche kleine Biester (erinnern an die Gremliens), die Zollbeamten Eladeldi sind, nur zwei Spezies von vielen, die das Sonnensystem auch bevölkern, neben unzähligen anderen Arten.

Es ist die Geschichte von Tabea, Kapitän der Alice Liddell, einem heruntergekommen Raumfrachter, dessen Antrieb nun mit 71,79 % Wahrscheinlichkeit ausfallen wird, während sie die Konterbande von einem Auftritt zum nächsten transportiert. Das hört sich langweilig an? Nun, die Konterbande ist keine normale Künstlertruppe, Tabea kein normaler Kapitän und die Alice Liddell kein normaler Frachter und auch in der Mitte des Buches ist immer noch nicht klar, wer die Capellaner sind und was sie eigentlich im Sonnensystem wollen....Ich kann es kaum erwarten, weiterzulesen .