Freitag, 4. Januar 2013

Laura Alcoba: Das Kaninchenhaus


Es gibt Bücher, für die ich zuweilen ein Wort finde.  Für Laura Acobas Roman „Das Kaninchenhaus“, 2010 im Insel Verlag erschienen, habe ich auch ein Wort: Dürftig! 

Nun habe ich keine Ahnung von Argentinien, der Militärherrschaft, dem Widerstand. An Madonna erinnere ich mich. Die hat aber nur Evita gespielt und gesungen. Wer Isabel Peron dann genau war, weiß ich auch nicht so recht. Also mein Hintergrund ist ebenfalls dürftig zu nennen und so mag es vielleicht nicht verwundern, daß ich dachte, es könnte interessant sein, diesen Roman über diese Zeit zu lesen.  Die Ausbeute in dieser Hinsicht ist aber „dürftig“.  Wenn ich es aus diesem Roman richtig behalten habe, war Isabel Peron irgendwie durchgeknallt und litt darunter nicht Madonna, ich meine, nicht so wie Evita gewesen zu sein und war schwach und dann gab es drei Militärs,  drei Generale, die irgendwann putschten. Und dann wurden viele, viele Menschen verhaftet und getötet, wie es zwar zwei oder drei mal so erwähnt wird, was mir recht dürftig scheint.

 Jedenfalls waren die Eltern dieses sieben Jahre alten Mädchens im Widerstand. Der Vater im Gefängnis, die Mutter dann irgendwo untergetaucht in einem Haus, in dessen Hof  in einem Nebengebäude eine geheime Druckerei errichtet wurde und zur Tarnung züchtete man dort Kaninchen. Die Icherzählerin, also das sieben Jahre alte Mädchen, pendelte zwischen den Großeltern und der Mutter hin und her. Man erfährt schon einiges über  diese Icherzählerin, aber bei mir war das Gefühl von dürftig allgegenwärtig, wenn ich über diese Figur nachdenke.  Vater, Mutter, die Großeltern und die übrigen Protagonisten.... tja, irgendwie auch dürftig.

Nun hat dieser Roman gerade mal 118 Seiten, was vielleicht der Grund dafür wäre, warum mein Gefühl der Dürftigkeit vorherrschend ist.  Ich erinnere in diesem Zusammenhang mal an Kressmann Taylors „Adressat unbekannt“ mit nur 61 Seiten, die zum Teil nur halb bedruckt sind, aber von einer ungeheuren Dichte sind und unter meine Haut gingen, vieles über die Personen und die politischen Verhältnisse aussagten und über menschliches, bzw. unmenschliches Verhalten.  Also die Zahl der Seiten ist kein Maß für  die Rezeption.

„Ich habe das Gefühl, sie hat mich nicht richtig verstanden. Das mit dem roten Dach war so dahingesagt. Es hätte auch grün sein können. Warum es mir ging, war das Leben darin. Eltern, die abends zum Essen nach Hause kommen. Eltern, die sonntags Kuchen backen, nach Rezepten aus dicken Kochbüchern mit vielen Fotos auf Hochglanzpapier. Eine hübsche Mama mit langen, lackierten Fingernägeln und hochhackigen Schuhen. Oder mit braunen Stiefeln und farblich abgestimmter Handtasche. Oder ohne Stiefel, dafür aber in einem blauen Mantel mit Rundkragen. Grau konnte er auch sein. Letztlich ging es nicht um die Farbe, weder beim Dach noch bei den Stiefeln, noch beim Mantel. Ich frage mich, wie wir so aneinander vorbeireden konnten oder ob sie nur vorgab zu denken, bei meinem Traum drehe es sich einzig um einen Garten und etwas Rotes.“ (Zitat Seite 11)

Während ich diese im Buch markierte Textstelle herunterschreibe, frage ich wieder einmal, ob dieser „Roman“ wirklich ein Roman ist, es sich  dabei tatsächlich um einen „literarisch zu wertenden“ Text handelt. Tue ich das, taucht wieder „dürftig“ in mir auf.  Betrachte ich die Eckdaten der Autorin, drängt sich mir zusätzlich der Schluß auf, hier wird selbst erlebtes und erfahrenes verarbeitet, was in der Literatur ja oft vorkommt, allerdings selten so dürftig, wie es mir in diesem Fall erscheint.



Laura Alcoba: Das Kaninchenhaus

Aus dem Französischen von Angelica Ammar
© der deutschen Ausgabe Insel Verlag Berlin 2010
Umschlaggestaltung; Hermann Michels und Regina Göllner
Umschlagfoto: Silvia Alcoba