Donnerstag, 25. Oktober 2012

Sascha Lobo: Strohfeuer


Sascha Lobo ist Blogger, Twitterer und bezeichnet sich als Strategiebrater. Ein paar andere selbsterfundene Berufe, verkündet er salopp,  könne er auch noch nennen. Er steht wohl für das, wovon viele Blogger träumen. 2010 erschien sein Debütroman, den ich vor ein paar Monaten als Mängelexemplar in der Mayerschen Buchhandlung in Dortmund für einen Euro aus der weißen Tonne fischte und mir an einem Nachmittag genüßlich reinzog. Es sind nur 285 großzügig gesetzte Seiten.  Mein „genüßliches Reinziehen“ geschah aber nicht ohne gewisse Vorbehalte und immer wieder tauchte die Frage auf, wie blöd man eigentlich sein muß, kann oder darf. Das mit dem Blöd ist aber so eine Sache für sich und heißt nicht, daß ich diesen Roman blöd finde.

Auf dem Umschlag heißt es: „Tausche Seele gegen Erfolg. Sascha Lobos packender Debütroman über die Lebensgier in den Zeiten der New Economy“.  Zum einen gibt es diese Lebensgier nicht erst seit den Zeiten der New Economy, sondern gerade im Kapitalismus in den unterschiedlichsten Variationen und zum anderen drückt sich diese in jeder Branche aus.  Was in diesem Roman so unterhaltsam und gleichzeitig berechnend für die New Economy typisch herausgestellt wird ist ein alter Hut und gilt auch für Friseure, Verlage, Kneipen, Banken und viele andere Branchen.  Jetzt habe ich die Floristen vergessen; die hatten auch mal Konjunktur und waren in und chic. Fitneßclubs habe ich vergessen zu erwähnen.

Stefan, der Icherzähler, ist fünfundzwanzig. Er kommt als cooler, lässiger Typ rüber, nach dem Motto, was kostet die Welt und was macht ihm am meisten Spaß, was gefällt ihm, was gibt es zu trinken und welche Frau kann er vögeln.  Er mag die Mercedes S-Klasse.  Seine Freunde sind so cool und lässig wie er.  Thorsten, zu meiner Zeit nannte man so was wie Thorsten einen Schaumschläger, vermittelt Stefan in die Werbeagentur in der er selber arbeitet, eine Zeitlang blenden und beeindrucken sie zusammen dort, Thorsten mehr als Stefan und irgendwann fliegt Thorsten raus, was soll’s, war sowieso scheiße, und dann kommt es zur schnellen Gründung einer eigenen Agentur und so ein, zwei Jahr lang hat man Konjunktur. Okay, es wird nicht die S-Klasse, weil Thorsten steht auf A 8! Ist ja auch egal. Stefan wurde nur einmal von der S-Klasse mit dreihundert Stundenkilometern überholt, als er selber zweihundertfünfundachtzig fuhr.

Es gibt noch ein paar andere Figuren in diesem Roman, aber das sind eher eingeschobene Spots, Anekdötchen von und über die Stefan erzählt und berichtet. So ist die ganze Erzählstruktur keine Struktur, sondern eine Aneinanderreihung von klischeehaften Begegebnheiten die ganz bestimmte Reaktionen und Assoziationen beim Rezeptenten hervorrufen und wohl auch hervorrufen sollen.  Und das Ganze so ziemlich ohne Reflexionsebene. Aber wer braucht das schon bei soviel Coolness und Lebensgier? Es ist Unterhaltung! Wenn man so was mag....?!

Dennoch scheint mir noch etwas mir gelungen zu sein, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es beabsichtigt war. Die Darstellung von Oberflächlichkeit, Dummheit und Selbstgefälligkeit nicht nur einer Wirklichkeit.

Ein Satz machte mich stutzig. Woher kennt Sascha Lobo den Satz: „Where’s the beef?“



Sascha Lobo: Strohfeuer

© 2010 by Rowohlt – Berlin Verlag GmbH, Berlin
Umschlaggestaltung: any.way Walter Hellmann
Umschlagfoto: © Reto Klar