Dienstag, 18. September 2012

Ron Leshem: Wenn es ein Paradies gibt


‚Es ist das Frühjahr 1999, noch immer steht die israelische Armee im Südlibanon, auf der Festung Beaufort treffen neue Soldaten ein: vierzehn junge Männer und der erst einundzwanzigjährige Offizier Eres.’ So liest es sich recht  nüchtern auf dem Klappentext. Und dann macht Ron Leshem tatsächlich ein Faß auf! Also wenn ich mit einem Juden mal wieder im Streit liegen sollte, weiß ich jetzt schon, was ich ihn an der richtigen Stelle unterjubeln werde, denn in diesem Roman heißt es auf Seite 32:  „Und dann wäre da noch die allerschlimmste, allerübelste Verwünschung: Gebe Gott, daß sie dir den Zettel aus der Klagemauer stehlen.“  Auf den Seiten zuvor gab es quasi eine Lehrstunde in die Terminologie und Sprache der jungen Soldaten, und die ist gepfeffert und derbe. ‚Die Jungs kommen frisch aus den Tel Aviver In-Lokalen, haben den Kopf voller Sex & Drugs und noch keine Ahnung, daß es ans Sterben geht.’ Leshem muß es wissen, er ist Jahrgang 1976. So ist dieser Roman ‚eine Geschichte von Helden, die keine sein wollen, von Angst, Freundschaft und dem Traum von einem wilden Leben. ‚

Ich las diesen Roman mit gemischten Gefühlen, denn ich lebte einige Monate in diesem ‚Paradies’, dem Süden des Libanon, und einen halben Tag lag  ich im Straßengraben unter dem Beschuß einer israelischen Kommandotrupps. Ich gewisser Weise kannte ich bisher also nur die andere Seite, über die ich bis heute noch keinen Roman kenne. Leshems Roman bietet nicht nur eine erschütternde und ‚erhellende Innenschau aus Israels Armee’ sondern auch einen Einblick in das Denken und Fühlen einer ganzen Generation und das ist überaus packend bis an die Schmerzgrenze.

Hoffnung allerdings, auf ein Paradies im Nahen Osten und Frieden, habe ich dennoch nicht, den mir scheint es, daß auch diese Generation nichts dazu gelernt hat; nicht einmal dieser junge Offizier Eres, dem nachher nicht mehr eine Handvoll seiner „Kinder“  bleiben. Gebe Gott, daß sie ihnen allen ihre Zettel aus der Klagemauer stehlen; auch die arabischen.


Ron Leshem: Wenn es ein Paradies gibt

Aus dem Hebräischen von Markus Lemke
© 2008 Rowohlt  Berlin Verlag GmbH, Berlin
Umschlaggestaltung: any.way, Cathrin Günter,  Walter Hellmann
Umschlagabbildung: Bavaria Film International / United King Films
Foto des Autors: privat