Gelegentlich lese ich auch ein Jugend- oder Kinderbuch. Ich bin neugierig auf das, was man heute so
den Kids erzählt und verkaufen will. Mikael Engström ist Schwede, Jahrgang
1961. Und das der Hanser Verlag ein Jugendbuchreihe hat, ist mir erst jetzt
aufgegangen.
Mik ist am Anfang der Geschichte ungefähr zehn Jahre alt.
Mutter tot; Vater besoffen, ach was heißt hier besoffen: Bis zur Bewußtlosigkeit abgefüllt; der sechs Jahre ältere Bruder ein
Kleinkrimineller. Mik hat ein Handy.
Ohne SIM Karte. Eine Tafel Schokolade vertreibt den Hunger den ganzen Tag, auch
wenn es Zartbitterschokolade ist, die Mik nicht mag. Egal. Die nette Traficantin schenkt sie ihm, wenn
sie eine Zeitlang in der Auslage lag und nicht mehr zu verkaufen ist. Geht
alles keinen was an. Mik redet nicht darüber und ganz verwahrlost sieht er ja
noch nicht aus, wenn man ihn mit seinem Handy telephonieren sieht. Spätestens
ab dieser Stelle bewunderte ich diesen Mik: was für ein mutiges, kluges,
kleines schnippisches Kerlchen! Es dauert einige Zeit, bis Mik auffällig wird
und die Führsorge auftaucht. Und bis Mik in eine Pflegefamilie kommt, soll er
zunächst zu seiner Tante, hoch im Norden, in ein verschlafenes Nest.
(ZITAT Klappentext)
Die Lehrerin legte ihm die Hände auf die Schultern. „Jetzt
darfst du dich selbst der Klasse vorstellen.“
Mik wand sich unter ihren Händen hervor und blieb schweigend
stehen.
„Irgendwas wirst du doch über dich sagen können.“
„Ich heiße Mik, und ich bin ... verdammt klein für mein
Alter, meine Ohren sind das einzige an mir, was wächst.“
Pi brach in schallendes Gelächter aus und der Rest der
Klasse ebenfalls. Mik stand mit steinerner Miene da, wie erstarrt. Sie durften
gern lachen. Jetzt war es ausgesprochen, das mit den Ohren war heraus. Wenn sie
ihn ärgern wollten, mußten sie sich was anderes ausdenken ...
„Tut mir leid.“
Und was dann in diesem verschlafenen kleinen Nest, hoch im
Norden Schwedens so alles lebt und dann abgeht, erzählt Mikael Engström in ganz
normalen Sätzen, spannend, ergreifend, bildhaft und erfrischend unsentimental.
Ich als Erwachsener sage: Faszinierend und ein paar Kids, denen ich aus diesem
Buch vorlas, alle ungefähr im Alter von Mik, meinten: cool, Mann!
Nach dem ersten Winter in dem kleinen verschlafenen Nest,
kriegt die Staatsmacht Mik dann doch und er muß in die Pflegefamilie. Und das
findet Mik nicht nur Scheiße, es wird auch richtig Scheiße. Obwohl es eine ganz
einfach Lösung gäbe.
Es klingt jetzt sicher uncool, wenn ich sage, ein
mutmachendes Buch! Mehr davon.
Mikael Engström: Ihr kriegt mich nicht!
Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer
© Carl Hanser Verlag, München 2009
Umschlaggestaltung: Peter-Andreas Hassiepen, München
Foto: © Phil Schermeister/CORBIS