Die Party bei den
Jacks war genauso, wie ich es erwartet hatte: Tolles Ambiente, außergewöhnlich
gutes und vieles Essen, Getränke im Überfluß und es war alles an Leuten da, was
Rang und Namen hatte. Das überraschende
Ende allerdings, hätte ich beinahe verpaßt, denn solche Partys und
Gesellschaften kenne ich zu genüge und meistens langweilen sie mich.
Gelegentlich ödet es sogar an. Und ich
vermute mal, Thomas Wolfe hat es auch gelegentlich angeödet, denn sonst hätte
er nicht so geschrieben, wie er geschrieben hat.
Was mich
veranlaßte, dieses Buch zu lesen, war zum Einen der noch immer recht wohlklingende Name des Manesse Verlages und zum
Anderen die Lobeshymnen, die der Klappentext über diesen Roman und Autor
sang. Natürlich war es nicht so, daß
ich meine Zeit damit vergeudet hätte, aber ganz so, wie Klappentext und die
zitierten Literaturkritiker es verkündeten, war es für mich dann doch nicht.
Andererseits gebe ich zu, daß ich mich schon überwiegend amüsiert habe.
Thomas Wolfe hat
viel geschrieben und unglaublich viel hat er nachgelassen. Wenn ich das richtig
erinnere, hat er allerdings nur einen einzigen Roman zu Lebzeiten selbst
veröffentlicht, der ihn dann berühmt gemacht hat. Über The Party at Jack’s hat
er selbst an seine Agentin geschrieben: „Es ist noch eine große Menge zu
überarbeiten, aber ich denke, es läßt sich schon absehen, was daraus werden
könnte, wenn es einmal fertig ist.“ Genau das ist es: noch nicht fertig! Und er
starb, bevor er diesen Roman fertiggestellt hat. Im Klappentext und bei den Literaturkritikern hört sich das aber anders
an und der Anschein entsteht, das nachgelassene Manuskript und jetzt erstmalig auf Deutsch veröffentlichte Werk,
sei so gut wie fertig. Pustekuchen! Es sind zum Teil schmerzhafte Redundanzen
drin, die im Nachwort des Buches als Stilmittel verkauft werden. Es gibt
Schnitte, die bei mir als Leser Fragen offen lassen. Ja, es wäre noch viel Arbeit notwendig gewesen. Ein Fragment zu
lesen um in die Denke und Arbeit eines Schriftstellers einzusteigen und diese
nachvollziehen zu können hat aber auch einen gewissen Reiz. Allerdings war Thomas Wolfe keineswegs „der überragende
Autor seiner Generation“, wie William Faulkner im Klappentext zitiert
wird. Im Nachwort klingt es dann auch
schon etwas anders, wenn dort William Faulkner zitiert wird: „Er mag von uns
allen am meisten Talent gehabt haben, er hätte der größte amerikanische
Schriftsteller gewesen sein können, wenn er bloß länger gelebt hätte....“
Zunächst geht es
in die Schulzeit von Frederik Jack, im kaiserlichen Deutschland, in einem
wildromantischen Städtchen, so was wie
Lindau oder Rothenburg o.T. kam mir da in den Sinn. Dann kehrt er dort hin zurück,
mit 54 Jahren, die Taschen voller Geld und ist versucht, denen eine Nase zu
zeigen, die ihn früher gehänselt, verhöhnt und verprügelt haben. Solche Träume
kennt man ja. Er trifft seine Familie
und Verwandten wieder, die in ihm immer noch den kleinen Jungen sehen. Auf der nächsten Seite steht er dann in
seinem pompösen und geräumigem Badezimmer. Ganz klar, der Mann liebt geräumige
Räume, überdimensionierte Räume. Die tauchen immer wieder auf. Würden mir auch
gefallen. Frederick Jack verliert sich
an dem Tag der Party in Betrachtungen über sein Leben, über sein Alter, über
die Juden, über die Deutschen, über die Politik, über die Wirtschaft, über,
über, über..... Dann taucht Esther auf
und die verliert sich mehrmals in Betrachtungen über ihre Hände. Esther
ist seine Frau. Also die mit diesen
Händen. Aber es ist nicht so, als würde
Esther nur über ihre Hände nachdenken und diese betrachten, auch wenn sie es
mehrmals tut. Quasi über ihre Hände hinweg, die sie ja immer wieder betrachtet,
blickt sie ihr Personal an. Nicht nur das es stinkt, nein, es klaut. Alle
Angestellten klauen. Das amüsiert übrigens Frederick. Ach ja, was vielleicht noch wichtig wäre, jetzt handelt der
„Roman“, der in meinen Augen nur ein Fragment ist, zwei Jahre vor dem großen
Börsenzusammenbruch, Ende der 1920er Jahre.
In Fahrt kommt das
Ganze natürlich schon, so wie es sich gehört. Nicht das es hektisch würde oder
so; man hat Übung mit solchen Partys, die zu den glanzvollsten New Yorks
gehören. Und glanzvoll und furios wird
es natürlich wenn die illustren Gäste eintreffen, auch wenn man gelegentlich
noch Zeit hat, seine Hände zu betrachten. (Aber lassen wir jetzt mal die
Redundanzen weg). Es wird jetzt genauso so, wie man sich das eben vorstellt in
den ganzvollen 1920er Jahren, wenn die Upper Class in New York in überdimensionierten Räumen eine glamouröse Party
feiert. Und wer dann alles unter den Gästen ist! Selbst der Liebhaber von Mrs
Jack ist da.... und das Ende möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.
Ich sagte schon,
es war keine verlorene Zeit, dieses Buch zu lesen. Und sicher werde ich
irgendwann mal das Buch von Thomas Wolfe lesen, welches er selbst noch
veröffentlich hat und seinen Ruhm begründete. Empfehlen? Ich kenne nur ein
einen Menschen, dem ich es empfehlen könnte, der ist Professor für Amerikanistik
an einer Uni, wobei ich sicher bin, daß der es schon gelesen hat, alleine von „Berufswegen“.
Alle anderen müssen selbst entscheiden,
ob sie Interesse haben, Mäuschen zu sein, in den zwanziger Jahren in New York,
auf einer Party bei den Jacks.
Thomas Wolfe: Die
Party bei den Jacks
Aus dem
amerikanischen Englisch übersetzt von Susanne Höbel
Nachwort von Kurt
Darsow
© 2011 für die deutsche
Ausgabe by Manesse Verlag, Zürich
in der
Verlagsgruppe Random House GmbH, München