Samstag, 28. Juli 2012

Martin Suter: Allmen und der rosa Diamant

Okay, seit gut einem Jahrzehnt ist Martin Suter ein Vorzeigeautor, ein Salonschriftsteller würde ich sagen. Eine ganz bestimmt Schicht von Lesern ergötzt sich an seinen Romanen und offensichtlich sind es auch die Typen, die Suter so beschreibt. Schublade anspruchsvolle Unterhaltung? Nichts gegen gute Unterhaltung! Die Frage ist nur, wie lang unterhält eine Masche? Müßte sich der Stil eines Autors nicht auch irgendwann mal anpassen und verändern?

Offensichtlich kreiert Suter nun einen Privatdetektiv: Johann Friedrich von Allmen! Den ersten Roman über diesen Privatdetektiv, Allmen und die Libellen, habe ich nicht gelesen. Mag sein das ich jetzt ein paar Kleinigkeiten nicht weiß. Allmen hat einen Butler, oder so was wie einen Butler, denn eigentlich hat er kein Geld mehr. Der Butler sieht aus wie ein Maya. Wenn der was sagt auf spanisch, gibt es Gottseidank immer gleich die deutsche Übersetzung dazugeliefert. Ansonsten lebt Allmen noch immer so, als habe er Geld.

Die erste Hälfte in Suters Romanen ist immer etwas zäh gehalten und breit getreten. Wie immer bereitet er so ein ziemlich großes Feld, auf dem sich Handlung,Stimmungen und Protagonisten entwickeln können. Meistens sind die Personen was besseres oder was besonderes, die Wohnungen wenigstens exklusive Altbauetagenwohnungen, wenn einem die Villa schon nicht mehr gehört und man sie an eine Bank vermieten mußte, wie im Der letzte Weynfeld. Irgend jemand hat immer maßgeschneiderte Garderobe. Man kennt Orte, die seit hundert Jahren angesagte Orte für ein ganz bestimmtes Klientel ist. Allerdings bezweifle ich, daß das Raffles in Singerpur von heute noch mit dem von vor dreißig oder vierzig Jahren zu vergleichen ist. Was man heutzutage für Glamour hält, ist in der Regel nur noch ein schwacher Abglanz früher Zeiten. Etwas verwundert war ich auch darüber, daß man immer noch Dom Perignon erwähnt, um Eindruck zu schinden, selbst in irgendwelchen merkwürdigen Animierbars. So recht gab es also für mich eigentlich nicht neues zu entdecken in diesem Roman und an diesem Privatdetektiv, der so geleckt daherkommt. So geleckt wie dieser Roman. Und Menübeschreibung sind auch nichts neues mehr, sondern langweilen; mich zumindest.

Typisch für Suter in seinen bisherigen Romanen ist allerdings, nachdem die Kenntnisse über das Leben der Schönen und Reichen vertieft und ausgebreitet wurden, daß nach der ersten Hälfte und spätestens im letzten Drittel, an Tempo zuzulegen wird, und das wird dann durchaus auch mal spannend, überraschend und auch leicht dramatisch. So auch in diesem Roman.

Die Chance auf Originalität hat sich Suter leider entgehen lassen. Ich habe noch nie von einem schwulen Detektiv gehört. Das wäre es gewesen! Als sich herausstellte, daß der offensichtliche Täter schwul war und Allmen anbaggerte, erklärte der rigoros, absolut Hetero zu sein. Schade eigentlich. Obwohl man natürlich auch sagen muß, daß das schwule Moment in der Unterhaltungsliteratur inzwischen auch schon ziemlich ausgelutscht ist.

Unverschämt fand ich den Preis: Fast zwanzig Euro für die gebundene Ausgabe in Deutschland, für 218 Seiten! 218 Seiten die, hätte man die Großschrift für alte Leute und Schickimickitypen mit Lesebrille, ich schätze mal Suters Fans brauchen inzwischen Lesebrillen, zu Gunsten einer normalen Schrift weggelassen, vielleicht nur noch 132 Seiten ausgemacht hätten. Aber die meisten Suter Fans interessiert der Preis wohl nicht. Alles in Allem: eine nette Luxus Unterhaltungslektüre in meinen Augen. Erwähnen muß ich aber noch die überschwenglichen und in Masse auf dem fürchterlichen Covereinband aufgeführten Kritiken, auch wenn ich die nicht verstehen kann. Es gibt also durchaus viele Leute, die mehr in Suter sehen als ich. Und Suter macht ja eben auch das Eindruck, wo man gerne Dom Perignon trinkt, oder gerne trinken würde




Martin Suter: Allem und der rosa Diamant
(c) Diogenes Verlag AG Zürich