Samstag, 18. August 2012

Alain Claude Sulzer: Aus den Fugen

Eine nette, gefällige Form der Unterhaltung ist der neue Roman „Aus den Fugen“ von Alain Claude Sulzer, der sicher keine weiteren Spuren beim Leser hinterlassen wird, als eben das Gefühl, nett unterhalten gewesen zu sein.

Die Hauptfigur ist ein Starpianist, Marek Olsberg, der auf offener Bühne, in Berlin, vor dem Publikum, seine Darbietung einfach abbricht, den Klavierdeckel schließt und beim Hinausgehen gesagt haben soll: „Das war’s dann.“ Wie durch ein Kaleidoskop, erfahren wir nun, wie Sulzer verschiedene Personen, Orte und Handlungen mit einander verknüpft, oder auch nicht; erzählt in einem leichten Plauderton und so manches erinnert den Leser oder die Leserin an selbstgedachtes, erfahrenes oder gefühltes und das verbreitet ein wohliges Gefühl, wenn man es liest.

Da gibt es zum Beispiel noch den Leihkellner. „Er sah immer noch gut aus, war aber nicht mekr anziehend genug, um Geld mit seinem Aussehen zu verdienen, wie er es früher hin und wieder getan hatte, als Fotomodell, manchmal sogar für Bademode. Er hatte den Absprung nach oben verpaßt, falscher Agent, schlechte Zeit, nicht die richtigen Freunde, eigentlich gar keine.“

Oder Esther; „Sie war vierundfünfzig und dachte jeden Tag mindestens einmal daran, daß sie auf die sechzig zuging, ... Sie war nicht fett, aber sie war eine Spur zu umfangreich. Sie war nicht unansehnlich, aber keiner drehte sich nach ihr um.“ Und Johannes, und Nico, und, und... oh jetzt habe ich vergessen wie die Edelnutte des Escortservice hieß.

Große Überraschungen sollte man allerdings nicht erwarten, obwohl der Verlag diesen Roman „ein symphonisches Werk, vielstimmig und mehrschichtig, ein Webteppich von Schicksalen, die – aufs wunderlichste verknüpft – um ein unerwartetes Ereignis kreisen.“ Das ist hemmungslos gestrunzt und übertrieben, als ginge es darum, ein literarisches Meisterwerk anzupreisen. Es ist ein Unterhaltungsroman. Von mir aus auch ein gehobener.


Alain Claude Sulzer: Aus den Fugen

Verlag Galiani Berlin
© 2012, Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co.KG, Köln
Umschlaggestaltung: Manja Hellpap und Lisa Neuhalfen, Berlin
Abbildung: © Getty Images und Monika Schroeder