Die Frau in diesem Roman schreibt Gebrauchsanweisungen.
Davon kann die alte Frau ganz gut und bequem leben und muß nicht so wie die
übrigen Sklaven jeden Tag ins Büro.
Die Frau, die irgendwann vor ihren Wechseljahren, mal
irgendwie ganz gut ausgesehen hat, bekommt inzwischen keine jungen Männer mehr
ab. Die Frau ist nicht sehr reich genug und förderliche Beziehungen und
Verbindungen, durch man eben einen jungen Kerl ins Bett kriegen würde, hat die
Frau auch nicht.
Die Frau hat auch so gut wie keine Freunde mehr und eine letzte
Bekannte hackt sich die Hand ab, nachdem die Frau ihr gesagt hat, wie
oberflächlich und verlogen und nervig diese Bekanntschaft sei. Und natürlich will
die Frau auch keine Freundschaften und Bekanntschaften mehr, die sind genauso
blöd, wie die Sklaven in Büros.
Was die Frau hat, sind jede Menge Erkenntnisse und Gedanken
zu allem was man so hört und mitbekommt und denken könnte: Mülltrennung,
Freundschaft, idiotische Esoteriker (nein, das schreibt sie nicht
wortwörtlich), Äpfel, Homoehe, Sekten wie die katholische Kirche, Tsunamis, was
sie mag und was sie nicht mag, die Lügen in den Medien, Gott ist böse und und
und.
Inzwischen fragt man sich, wieso der Titel dieses Romans,
„Der Mann schläft“ ist?
Ganz einfach. Die alte Frau, die mir recht überspannt,
melancholisch und merkwürdig erscheint, die sich zu jedem Furz Gedanken macht
und etwas sagt, diese Frau findet dann einen 110 kg schweren Mann, auf dessen
Bauch sie sich gerne legt, oder unter dessen Hemd sie gerne kriecht und mit dem
ist sie dann vier Jahre zusammen.
Okay, der Mann schläft nicht immer, spricht aber wenig,
immerhin trägt er die Frau und erträgt sie. Er tritt also eher nur am Rande
auf, ich glaube es gibt nicht eine wörtliche Rede von ihm, allerdings ißt der
Mann auch und sitzt mit ihr in Cafes, oder in Mailand. Über den Zwerg, auf
einer Tessiner Insel, oder den Masseur auf einer Insel vor Hongkong im
Südchinesischen Meer, erfährt man aber mehr, als über den Mann der schläft, den
sie am Anfang nur mag und am Ende des Buches liebt, obwohl er da schon
abgetaucht und nicht mehr zu finden ist.
Er wollte was vom Chinesen holen (Jungs und Mädels, ihr
kennt die Zigaretten-holen-gehen-nicht-zurück-kommen-nummer, wobei ich
persönlich ja glaube, daß die Meisten wissen, warum der oder die nicht
wiederkommen und daß das nicht so überraschend sein kann).
Anfangs habe ich den Mann der schläft ja bewundert für
seinen Langmut und wie er diese Frau auf den ersten 150 Seiten ertragen hat,
die es sich in ihrer Welt so schön, aber doch unerfüllend, eingerichtet hat,
daß alle anderen blöd waren, nur sie selbst nicht.
Ich habe mich natürlich auch dabei ertappt, wie es mir
gefallen hat, wenn sie so mit ihren Ansichten alles andere platt gemacht hat.
Die Frau erzählt ihre Geschichte auf zwei Erzählsträngen als
Icherzählerin: Da ist Heute und da ist Damals. Das Heute spielt im
Südchinesischen Meer, das Damals Zuhause. Dramaturgisch führt die Autorin diese
beiden Ebenen sehr interessant zusammen. Da die Frau aber größtenteils nur von
sich erzählt und ihren Ansichten, bleibt die Handlung ziemlich auf der Strecke
und alles eher vordergründig als tiefgründig. Wahrscheinlich wird die alte Frau irgendwann mal eine recht
verbitterte Oma mit abgedroschenen Omaweisheiten. (Irgendwie kein Wunder).
Ich war ziemlich neugierig auf einen Roman von Sibylle Berg.
Sie twittert schon seit Jahren gerne, fickt nicht und kauft nichts heißt es da,
zeigt sich jetzt wohl inzwischen auch auf facebook und kommt in den Medien gut
rüber, so als blickte sie einem unter die Haut.
Es mag durchaus sein, das ich da einiges in diesem Roman
nicht verstanden habe: Die Nummer mit den Prothesen z.B. Vielleicht schlafe ich
ja noch. Aber ich werde den Roman nicht noch einmal lesen, obwohl er ganz gut
geschrieben ist, man also keine Angst haben muß, daß man dabei einschläft. Aber mir ist da zuwenig Handlung und zuviel Psychogramm
der Ich-Erzählerin. Ein anderes Buch von Sibylle Berg, ja, das werde ich bei
Gelegenheit mal versuchen, wenn ich nicht schlafen kann.
Sibylle Berg: Der Mann schläft
© Carl Hanser Verlag 2009
Schutzumschlag: Peter-Andreas Hassiepen, München
Foto: © Toni Anzenberger