Grundsätzlich möchte ich vorausschicken: Ich habe so meine
Probleme mit Pfaffenröcken, die anfangen sich politisch oder
gesellschaftskritisch zu äußern. Ich
gehöre zu denen, die froh sind, in einem säkularisierten Staat zu leben.
Hinzukommt, daß ich einige Partys mitgemacht
habe, auf denen kirchliche Würdenträger, Mönche und deren Äbte aus den
unterschiedlichsten Orden, Ehrengäste waren und Lobeshymnen auf die
wohlhabenden Gastgeber sangen. Die
Betonung liegt auf wohlhabende Gastgeber, meistens Industrielle und
Unternehmer, die sich diesen Lobgesang gerne etwas kosten ließen. Und darin drückt sich für mich heute auch
noch deutlich aus, wie sehr kirchliche Würdenträger mit den weltlichen
Machthabern verbandelt sind und durchaus Einfluß haben. Das ist natürlich nur eine erste und
subjektive Sichtweise von mir, eher eben ein Gefühl.
Vielleicht habe ich deshalb diesen Buch fünf Jahre in meinem
Regal stehen gehabt, ohne es lesen zu wollen.
Außerdem fände ich ketzerische Gedanken zur katholischen Kirche weitaus
interessanter.
Nun ist Notker Wolf kein gewöhnlicher Pfaffe, er ist
Abtprimas der Benediktiner und studierte nicht nur Theologie, sondern auch
Philosophie und irgend etwas aus dem Bereich Naturwissenschaft. Ich bleibe allerdings dabei, daß auch ihm keine
direkte Kritik zusteht solange er ein kirchliches Gewand trägt.
Wahrscheinlich hat er so etwas geahnt, denn seine
ketzerischen Gedanken zu Deutschland, wie sie in diesem Buch vorgelegt werden,
sind gar keine ketzerischen Gedanken zu Deutschland. Natürlich verkaufte sich
das Buch so besser.
Im Wesentlichen schreibt Wolf über sich, seine Arbeit, über
die Benediktiner. Er schreibt dann weiter über seinen kooperativen Führungsstil
und wie die Benediktiner ihren Laden organisieren und im Griff haben. Am Beispiel der Errichtung eines
Krankenhauses in China, von der Planung bis zur Umsetzung, den Problemen mit
den Chinesen und dem chinesischen System berichtet Wolf, wie dieses Projekt
nach langen Jahren erfolgreich umgesetzt werden konnte.
Also noch mal: Dieses Buch ist keine Kritik und ketzerisch
sind seine Gedanken zur allgemeinen Arbeitsmoral und gesellschaftlichem
Verhalten auch nicht. Klar kommt auch
schon mal der erhobene Zeigefinger des Pfaffen durch, wenn es um die
Managergehälter geht oder sogar um das was Popstars so verdienen. Er schimpf auch schon mal über die Politik:
„Dem Volk die Wahrheit unter allen Umständen vorenthalten und ihm das Maul mit
Liebesperlen stopfen, um wiedergewählt zu werden, das gehört mittlerweile zur
Geschäftsgrundlage der deutschen Politik.“ (Wolf, Seite 90)
Man wird eine Menge solcher Aussagen finden und der brave
Leser wird von Herzen zustimmen und konstatieren können, besser als diese
Schmarotzer, Drückeberger oder sonst was,
zu sein.
Natürlich habe ich dieses Buch dann doch durchaus
interessant gefunden, aber mir bleibt ein bitter Nachgeschmack, der weniger mit
dem Buch zu tun hat, als vielmehr mit dieser Gesellschaft. Ob nun Chinesisch,
oder Deutsch, oder Katholisch.
Notker Wolf: Worauf warten wir?
Rowohlt Taschenbuchverlag
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Umschlaggestaltung ZERO Werbeagentur München
(Foto: Notker Wolf OSB)